26 Apr Weisheit und Universität in Benedikt XVI
Lo speciale “Quel che resta di Ratisbona” è a cura di Gabriele Palasciano. Un testo di Stephan Heid.
Die Regensburger Rede von 2006 ist in vielerlei Hinsicht aufrüttelnd. Im Kern geht es um die Verhältnisbestimmung zwischen Vernunft und Glaube. Sicher, man kann darüber streiten, ob der Papst das, was er sagen wollte, mit dem fiktiven Dialog zwischen einem byzantinischen Kaiser und einem persischen Moslem hätte einleiten müssen. Das hat viel Polemik und Unverständnis ausgelöst. Aber lässt man die Irritationen einmal beiseite, so haben wir hier den typischen Ratzinger erlebt, der mit ganzer Seele Theologe und Professor war und blieb. Die Universität ist für ihn der Ort schlechthin, an dem Glaube und Vernunft zusammenkommen. Daher nahm er eine Vorlesung in seiner ehemaligen Universität Regensburg wahr, um ein Plädoyer für einen Glauben zu halten, der jede Naivität hinter sich lässt und vor dem Forum der Vernunft Rede und Antwort steht.
Eine Religion, die zu einer vernünftigen Theologie überhaupt den Mut aufbringt, tut heute mehr denn je not. Das Christentum, in dessen Schoß die Institution Universität überhaupt erst entstand, kann hier geradezu als Vorbild für andere Religionen dienen. Gerade deshalb darf sich die heutige Universität nicht von der Religion verabschieden. Es geht nicht um eine Revision der Säkularisation. Vielmehr gilt es, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Gerade in einer Epoche der religiösen Renaissance in Verbindung mit religiös motivierter Gewalt muss die Universität ihre ureigene Aufgabe und Sendung erfüllen: den Freiraum des Dialogs gegen jede Zensur und Gewalt offen zu halten. Mehr noch: die Universität muss in allen ihren Fakultäten der Ort sein, jede religiöse Intransigenz und Idiotie, jeden Fanatismus zu entlarven.
Es geht um den jahrhundertelangen Dialog zwischen Philosophie und Theologie, bei dem jede Seite profitiert. Die Profanwissenschaften müssen die Gretchenfrage beantworten: Wie hältst du es mit der Religion? Gleichermaßen müssen sich die Theologen die Frage gefallen lassen, wie man über etwas reden könne, was es gar nicht gebe – Gott.
Davon hängt heute viel ab. Denn, wie es scheint, breitet sich gerade der irrationale, unvernünftige Glaube mit dem blutigen Schwert im Namen diverser Gottheiten aus, während der vernünftige Glaube Liebe und Toleranz predigt.
Die Vernunft des christlichen Glaubens liegt jedenfalls in der Liebe Gottes begründet. Denn ein liebender Gott kann nicht interesselos oder willkürlich-irrational gegenüber den Menschen handeln. Liebe ist weder interesselos noch irrational. Vernunft und Liebe gehören also zusammen, und darin liegt die Toleranz des christlichen Glaubens. Hingegen ist ein absolut freier Gott, der alles tun und lassen kann, wie er will, letztlich lieblos, willkürlich, unbarmherzig und zutiefst unvernünftig.